Keuschhaltung durch die Augen einer Herrin (Teil 1)

Über Presswürste und Geschmackserweiterungen

Von allen Neigungen, Praktiken und Gelüsten, die mir bei submissiven Männern untergekommen sind, empfand ich die Lust an der Keuschheit als am seltsamsten. Sogar die Formulierung „Lust an der Keuschheit“ mutet wie ein Oxymoron an. Bei näherem Hinsehen erscheint Keuschhaltung Entzug sexueller Freuden als plausibel – zumindest für Sklaven (und natürlich auch Sklavinnen). Und ein echte Masochist will unentwegt auch Dinge erleben, die ihm „ein wenig gegen den Strich“ gehen. Das gehört dazu, dieses Gefühl von Zwang, der Befehl, oder das Verbot.

Und dennoch kam mir das ständig etwas überraschend vor, dass jemand das derartig auf die Spitze treiben würde. Gerade keuschgehalten vor einer Herrin zu sein, ist doch ein wenig wie in einer Oase zu verdursten, weil man an keinen Brunnen oder See darf. Allein diese Keuschheitsgürtel, die keine sind. Man nennt sie so, weil das Wort ursprünglich aus dieser barocken Idee oder Fantasie stammte, dass mittelalterliche Ritter ihren Frauen diese seltsamen Gurte mit Vorhängeschlössern umschnallten, damit sie in Abwesenheit nicht herumhurten, während der Mann im Heiligen Land gegen die Sarazenen kämpfte.

Doch die männlichen „KGs“ sind ja gar keine Gürtel, sondern kleine Käfige, deren Prinzip darauf basiert, dass sie um die Schwanzwurzel umgeschnallt werden, noch unter den Hoden, und auf diese Weise den ganzen männlichen Geschlechtsapparat in einen winzigen Käfig (weshalb ich den Ausdruck „Schwanzkäfig“ deutlich passender finde), der gerade mal ein Urinieren erlaubt, aber sonst nichts.

Der Käfig verhindert, da er klein und eng ist, die Erektion und somit jegliche sexuelle Aktivität. Von dieser Warte ist das Konzept der Keuschhaltung nicht schlecht. Ich meine, wir Herrinnen und Dominas haben doch immer eine gewisse Unzufriedenheit darüber empfunden, dass der Mann nach einer ordentlichen Sitzung nach Hause fährt und dort ungezügelt den irrwitzigsten Schweinereien nachgeht – heftige Pornos schaut, oder sich heimlich mit anderen Frauen trifft. Und es gibt nicht, dass die Herrin dagegen tun kann. Sie kann ihm befehlen, es zu unterlassen. Aber mal ehrlich, eine Frau, die dem Mann befehlt, die Hände schön oberhalb der Bettdecke zu lassen und darauf vertraut, dass es genau so geschieht, glaubt vermutlich auch an den Weihnachtsmann.

Wir kennen doch Männer. Und der Schwanzkäfig hat eine interessante Doppelfunktion. Denn einerseits soll er die besagte Erektion, Orgasmus und Ejakulation verhindern, doch er ist auch eine unmittelbar spürbare Gemeinheit, wenn eine solche Erektion sich doch anbahnen möchte. Die Schwänze sehen dann wie eine etwas eklige kurze Presswurst aus und ich habe mir sagen lassen, dass das bei den meisten Modellen auch etwas wehtut.

Gut.

Ich habe eingangs gesagt, dass ich die Keuschhaltung seltsam finde. Nun, das hat mit zwei Dingen zu tun. Zum einen sehen diese in Käfige gesteckten Schwänzchen albern und auch ein wenig eklig aus. Das kann auch das beste Design nicht verhindern und als Domina bin ich gezwungen, es mir anzusehen – und das ärgert mich manchmal. Wobei ich mal ein 800-Euro-Modell aus Edelstahl gesehen hatte und das rückte dann langsam in den Bereich von Ästhetik.

Die andere Sache, die ich bei Keuchhaltung seltsam finde, ist die Tatsache, dass die Männer darauf überhaupt eingehen, ja es zumeist wünschen. Das hat aber mehr damit zu tun, dass die dominante Person und die devote Person in Wirklichkeit diese zwei vollkommen verschiedene Lebewesen sind, die fast alles unterschiedlich wahrnehmen. Zu sagen, dass sie der richtige Deckel auf den passenden Topf sind, beschreibt die Wahrheit leider nur sehr ungenügend. Es ist ja mehr so, dass sie sich wirklich nicht viel zu sagen haben – aber exotische Gelüste besitzen, die rein zufällig gegenseitig befriedigend sind. Also findet Domme und Sklave einen Weg, gemeinsam etwas zu unternehmen.

Aber deshalb kann ich nicht so tun, als verstünde ich, weshalb sie ticken, wie sie ticken. Denn ich das tue ich nicht. Ich ticke ja ganz anders. Ich bin immer gewohnt, jedem Drang oder Bedürfnis gleich nachzugeben.

OK. Ich weiß nicht, ob du – wer auch immer du bist – das alles lesen willst. Du willst sicher etwas über Sex und derbe Ferkeleien lesen.

Nun, das ist wo es interessant wird. Zumindest sadomasochistisch. Es ist ja nicht so, dass der Sklave im unmittelbaren Augenblick seiner Keuschhaltung darüber glücklich ist. Das ist er nicht. Aber Masochisten wollen ja nicht glücklich sein. Wenn ich einen Sklaven also 4 Wochen keuschhalte, und zu mir einlade, so kann der Sklave es nicht verhindern, von dem Wunsch beseelt zu sein, dass ich seinen Käfig endlich abnehme und infolgedessen mit ihm etwas unternehme, das auf eine Ejakulation hinausläuft.

Das wird für manche zu einer Obsession. Ich hatte mal einen Sklaven, der auch ein guter Freund war und mit dem ich über alles sprechen konnte. Wir hatten angefangen mit einem Keuschheitskäfig zu experimentieren. Zugleich spielten wir manchmal ein uraltes Spiel, mit dem wir schon in der Schulzeit begonnen hatten. Wir würden auf einer Parkbank sitzen, die vorbeigehenden Leute anschauen und wenn eine Frau vorbei ging, musste er „Ja“ oder „Nein“ sagen und wenn ein Mann vorbei ging, musste ich „Ja“ oder „Nein“ sagen. Es ging natürlich darum, ob er oder ich bereit wären, mit der entsprechenden Person ins Bett zu gehen. Nicht, ob wir sie „hübsch“ finden, sondern sozusagen die untere Schublade – ob wir bereit wären, zumindest zu ertragen.

Das Spiel gewann in den Tagen der Keuschhaltung dann eine neue Bedeutung, weil ich mich mit ihn dann raussetzte und in Realzeit beobachten konnte, wie sich seine Wahrnehmung von Frauen durch die Keuschheit veränderte. Nach sechs Wochen war er mürbe genug, dass es kaum ein „Nein“ gab. Er war bereit mit 80jährigen Omas ins Bett zu steigen, und das Aussehen spielte schon nach 4 Wochen kaum eine Rolle. Am Ende beichtete er mir, dass er inzwischen krasse homoerotische Tagträume hat, die ihm früher gänzlich unbekannt waren. Es war vielleicht an der Zeit, das Experiment zu beenden, bevor irgendein Schaden entstand.

Seine Psyche hatte also einen Zustand erreicht, den ich begonnen hatte, äußerst interessant zu finden. Und dazu schreibe ich dann im zweiten Teil dieser erotischen Mediation über Keuschhaltung. Ich hoffe, wir sehen uns dort.

Fortsetzung folgt

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Eine Antwort zu „Keuschhaltung durch die Augen einer Herrin (Teil 1)“

  1. Avatar von Anja
    Anja

    Für mich ziemliches Neuland. Aber so wie du es beschreibst, ergibt es sogar Sinn, gerade wenn der Mann wirklich masochistisch ist und nicht nur so tut als ob… Visuell ist es aber für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Aber ich schätze eine echte Domme, die sieht es halt anders – und kann auf diese Weise mehr Spott einfließen lassen, oder?

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  1. Ach ich wünschte, dass das mein Mann wäre und mich so nutzt wie ich es brauche. Dreamlife