Hildegard – Reife Frau, stille Leidenschaften (2)

Hilde erwachte eines Tages und erkannte, dass der Tag gekommen war, an dem sie in einem Sexshop einkaufen würde. Die Mutlosigkeit und natürliche Scheue, ein solches Geschäft zu betreten, waren verflogen. Dafür hatten die lustvollen Wochen beigetragen, die Hilde mit dem Masturbieren mit Gurken, Auberginen und Zucchini verbrachte. Nun sehnte sie sich danach, einen schönen, griffigen Vibrator in der Hand zu halten und in ihrem Schoß einführen. So beschloss sie, gleich in den Morgenstunden, ganz kurz nachdem der Laden geöffnet wurde, ihre Absicht in Tat umzusetzen. Sie nahm an, dass die meisten Kunden erst abends reingingen, nach der Arbeit. Wenn sie Glück hatte, würde sie allein im Laden sein.

Sie zog ein langes Kleid an, einen dunkelblauen Mantel, den sie vorne zuknöpfte. Über die Haare band sie sich ein Seidentuch und setzte sich eine große schwarze Sonnenbrille auf. Sie sah sich im Spiegel an und musste ein wenig lächeln. Sie sah wie eine übergewichtige Marlene Dietrich aus, die gerade versucht das Hotel durch den Hintereingang zu verlassen, um den Paparazzi zu entkommen.

Als sie vor dem Sexshop eintraf, war sie einige Minuten zu früh. Sie begab sich lieber auf die andere Straßenseite, wo sich ein langweiliges Geschäft mit Gemälderahmen befand. Dort musterte sie aufmerksam das Schaufenster. Nach zehn Minuten parkte ein weißes Auto vor dem Sexshop. Ein eher junge Mann stieg auf, mit einer Fluppe im Mund und hantierte eine Weile an den Eisenrollos und der Eingangstür. Dann verschwand er im Inneren.

Hilde begab sich zügig über die Straße und schlüpfte mit gewissem Herzklopfen in das Geschäft rein. Dies war ihr erster Besuch in einem Sexshop. Der Anblick überwältigte sie. Es war eine derart ungeheuerliche Anhäufung an Geschmacklosigkeiten, dass es ihr beinahe den Atem verschlug. Die Regale waren vollgestapelt mit allerlei Zeug, das sie kaum zuordnen konnte. Sadomaso-Gerätschaften. Während die Wände mit unzähligen obszönen Plakaten vollgeklebt waren. Ein Teil von ihr wollte auf ihrem Absatz einen Dreh machen und auf kürzesten Weg auf diesem schmierigen Laden wieder heraus zu spazieren. Doch da war eben diese andere Stimme, die ihr etwas anderes einflüsterte. Lust und guter Geschmack hatten zumeist nichts miteinander zu tun und etwas hier verlockte und faszinierte sie.

Ihre Augen trafen sich kurz mit dem jungen Verkäufer, der inzwischen eine große Plastikkiste auf den Tresen stellte und begann einer Etiketten-Pistole in der Hand irgendwelche alten DVDs mit Preisaufklebern zu versehen.

„Guten Morgen“, rief er ihr jovial zu. „Wenn Sie was suchen oder brauchen, sagen Sie einfach bescheid!“

Hilde nickte ihm zu und erwiderte sein Lächeln. Dennoch war sie bemüht so schnell wie möglich an ihm vorbei zu gleiten und zwischen den vollgepackten Regalen zu verschwinden. Vorerst wollte sie es allein schaffen. Außerdem konnte sie auf diese Weise den ganzen Laden auskundschaften.

So starrte sie eine Weile in der Sado-Maso-Ecke, vollgepackt mit allerlei derben Spielsachen aus hartem Gummi. Sie ließ ihre Fingerspitzen über die unzähligen Reitgerten, Peitschen und Holz-Paddels gleiten. Vor dem Regal mit Butt-Plugs stand sie etwas ungläubig, gewahr dessen, dass einige mehr wie die Füße eines Elefanten aussahen und Hilde sich nicht vorstellen konnte, dass jemand anatomisch so flexibel sein könnte, solche Monstrosität am Schließmuskel vorbei zu drücken.

Schließlich stand sie in der „Vibrator-Ecke“ und erkannte zügig, dass sie ein wenig überfordert war, denn hier waren nicht fünf Modelle zur Auswahl, sondern mehr wie hundert. Hinter ihr hörte sie den Bimmelton der Eingangsrtür.

Ein Mann kam herein, mit Glatze, Brille und einem langen Trenchcoat. Er war fast das wandelnde Klischee der finsteren Sexshop-Kunden. Hilde vemied seinen Augenkontakt, doch als er in der Zeitschriftenecke veschwand, blickte sie ihm neugierig hinteher, in der Hoffnung zu erhaschen, welche „Themen“ ihn wohl interessieren.

Nach einer Weile wandte sie sich wieder den Vibratoren und Dildos zu. Diesen Unterschied kannte sie inzwischen schon. Das eine Ding vibrierte, das andere Ding war sehr groß. Sie wollte beides. Doch sie wusste auch, sie würde sich in den Boden schämen, damit an die Kasse zu treten.

Als sie sich unbeobachtet fühlte, nahm sie die Dildos in die Hand und ließ ihre Handfläche über die voluminösen Eicheln der Gummischwänze gleiten. Schließlich behielt sie einen der Größten in der Hand und wandte sich erneut den Vibratoren zu.

„Ich komme einfach nie wieder hierher“, dachte sie. „So wird die Peinlichkeit des Kaufs nur eine kurz Erfahrung sein, halbe Minute vielleicht. Oder eine Minute. Sie würde bar zahlen und auf kürzestem Weg wieder verschwinden.“

Viele der Vibratoren hatten ein ausgepacktes Demo-Muster parat. Hilde schaltete einige Vibratoren ein und ließ sie zur Probe in der geschlossenen Hand vibrieren. Nach einer Weile hielt sie inne, schockiert über die Vorstellung, dass die anderen beiden Männer – der Verkäufer und der Kunde im Trenchcoat – in der Stille des Ladens das wiederholte Summen der handlichen Luststäbe hörten und genau wussten, was sie tat.

Als hätte der Verkäufer ihre Gedanken gelesen, erklang plötzlich aus unsichtbaren Lautsprechern triviale Pop-Musik. Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Es schien ihr geradezu, dass der Verkäufer die Musik etwas lauter machte, als er es sonst tat – um einen klanglichen Vorhang um ihre Position zu erzeugen.

Hilde entschied sich schließlich für einen feuerroten Vibrator, der eine verstellbare Geschwindigkeit besaß. Und sie nahm einen winzigen Vibrator mit, der als ein Lippenstift getarnt war. Als sie bereits ihre Beute zur Kasse tragen wollte, fiel ihr noch ein anderes Spielzeug ins Auge – ein kleine rosarote Pille, die mittels eines elastischen Rings auch über den Finger gestülpt werden konnte. Diese Pille vibrierte sanft und konnte auf diese Weise an die Klitoris gehalten werden.

Mit den Armen voller Sexspielzeug trat sie an die Kasse und legte dort schweigend alles ab. Hastig kramte sie sogleich nach den Geldscheinen in ihrer Manteltasche, während der Verkäufer jedes Produkt einzeln in die Hand nahm und den Preis eintippte. Hilde musterte sein Gesicht, als wollte sie irgendeine spöttische Reaktion erkennen. Gerade in jenem Augenblick, als er den riesigen Dildo in die Hand nahm und erstmal das Preisetikett suchte. Doch der Mitarbeiter bliebt stoisch und sein Gesicht war wie aus Beton gegossen.

„Wollen sie paar extra Batterien“, fragte er schließlich, ohne mit der Wimper zu zucken.

War er denn so sehr überzeugt, dass in ihrer Hand diese Geräte kaum zum Stillstand kommen werden? Ihr Herz schlug ihr bis im Hals, doch Hilde nickte einfach nur stumm.

Unter der Theke holte der Verkäufer eine große Papiertasche hervor und legte die vier Produkte und die Batterieschachtel dort rein. Leider zeigte sich, dass der Dildo noch immer obszön aus der – ansonsten recht hohen – Papiertasche rausragte. Sie musste aber auch einen der Größten nehmen! Verflixt.

Der Verkäufer nahm ihn wieder heraus. Er zauberte braunes Verpackungspapier hervor und wickelte den Dildo darin ein. Die Ecken des Papiers fixierte er mit Klebefilm. Als er fertig war, griff er nach einer Art Postkarte und warf sie in die Tasche.

„Ein Gutschein“, erklärte er. „Das macht 165,- Euro.“

Sie warf hastig vier 50-Euro-Scheine auf die Theke und wartete ungeduldig auf das Rückgeld. Inzwischen erkannte sie, dass der glanzköpfige Mann direkt neben ihr stand, in stummer Wartestellung.

Als sie ihr Wechselgeld ungezählt in die Manteltasche warf und hastig die Papiertüte ergriff, hörte sie den Kunden hinter ihr den Verkäufer fragen: „Haben Sie auch Bukkake-Videos?“

„Waren keine mehr da?“, erwiderte der Verkäufer. „Naja, sie wissen, wie das ist. Das ist heute alles im Internet.“

Hilde hatte keine Ahnung, wovon sie redeten. Mit gesenktem Blick schlüpfte sie aus dem Eingang und eilte die Straße entlang nach Hause.

Eine heimliche Euphorie machte sich in ihr breit. Sie hatte es geschafft, aller Scheue zum Trotz. Und nun näherte sie sich ihrer Wohnung mit einer wirklich ungewöhnlichen Beute. Wenn die Menschen um sie herum nur wüssten, was sie in ihrer Tasche trug.

Die Straßen überquerte sie vorsichtig. Sie war nicht mehr so fit auf den Beinen und allein die Vorstellung, dass sie vielleicht ein Fahrradfahrer anfährt und ihre „Produkte“ sich auf dem Gehsteig ausbreiten, machte ihr Angst.

Doch je näher sie ihrer Wohnungstür kam, desto mehr ergriff sie das lüsterne Fieber. Welches Spielzeug würde sie als erstes Testen.

Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte, hielt sie kurz inne.

„Verflixt“, dachte sie. „Ich habe das Gleitmittel vergessen.“

Die Gurken und Zucchini mochten vor ihrem unwürdigen Schicksal gerettet sein, doch ihr Sexspielzeug würde schon bald nach Olivenöl riechen. C’est la vie …

Fortsetzung folgt!

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7 Antworten zu „Hildegard – Reife Frau, stille Leidenschaften (2)“

  1. Avatar von Jonny
    Jonny

    Kommt auch mal ein Bericht über die Shemale Frauen, oder haben viele Angst sich zu Outen? Weil die meisten wollen nur schreiben und sich nicht treffen

    1. Avatar von Ingrid

      Das ist ein interessanter Punkt. Ich hoffe mal, dass sich mal bei uns ein/e Autor/in vorstellt mit interessanten Shemale-Stories. Ich würde es SEHR gerne lesen. Denkst du da mehr an Transgender-Menschen, oder mehr an intersexuelle Menschen (also solche, die mit beiden Geschlechtsmerkmalen geboren sind – meistens Penis und Brüste)? Auf jeden Fall faszinierend.

      1. Avatar von Walter Ballentine
        Walter Ballentine

        Ich glaube, so richtige LGBTQ-Leute sind da viel zu ernst und humorlos dafür und finden allerlei Kopfkinos zum Thema eher zum k****n, und regen sich darüber dann laut auf, dass man sie falsch repräsentiert. Aber ich glaube, dass Intersexuelle (also was man eigentlich unter SheMale versteht – ein Begriff, den Transgender-Leute auch vehement ablehnen), die sind da deutlich lockerer und ausgelassener. Somit ja, ich würde gerne was über eine richtig heiße SheMale lesen. Das hat was schön exotisches.

  2. Avatar von Jonny
    Jonny

    Warum sollten Frauen nicht auch in einen Sexshop gehen und sich ein wenig Spielzeug kaufen, Gurken und Zucchini sind auch eine Möglichkeit sich zu befriedigen, lieben Männer auch Anal eingeführt

    1. Avatar von Ingrid

      Da kann ich nur zustimmen. Aber gerade bei älteren Frauen (und da spreche ich aus eigener Erfahrung), ist es durchaus eine Sache, in die frau hineinwachsen muss. Es ist eine kultur-soziale Mutprobe. Ich habe mich bei meinem ersten Gang zum Sexshop auch geniert. Zumal ich da schon 46 Jahre alt war und allein gegangen bin.

      1. Avatar von Walter Ballentine
        Walter Ballentine

        In letzter Zeit sieht man Frauen in Sexshops immer häufiger. Oft auch allein. Ist trotzdem immer noch so eine ziemlich Einhorn-im-Mondlicht-Situation. Ist sicher nie sehr einfach für die Frauen, da wie ein seltener Schmetterling angestarrt zu werden.

  3. Avatar von Anja
    Anja

    Ganz toll, Nora! Und irgendwie im Detail sehr vertraut. Weiter so…

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  1. Ach ich wünschte, dass das mein Mann wäre und mich so nutzt wie ich es brauche. Dreamlife